Studien II: Vegane Ernährung


Eine Zusammenfassung des Buches Vegane Ernährung von Dr. Gill Langley (Echo Verlag 1999)


  1. Richtlinien für vegane Ernährung der Vegan Society UK

  2. Vegane Ernährung
  3. Spezielle Themen
    1. Vegane Mütter und Kinder
    2. Kuhmilch und Gesundheit
    3. Die Allgemeine Gesundheit von VeganerInnen
    4. Vegane Ernährung als Therapie

  4. Nachwort

I. Richtlinien für vegane Ernährung der Vegan Society UK

Die Vegan Society UK hat seit jeher Pionierarbeit für gesunde, ethisch fundierte Ernährung geleistet und tut dies auch heute noch. Sie plädiert dafür, einen sehr abwechslungsreichen Speiseplan aus den folgenden Nahrungsmittelgruppen zusammenzustellen:

  • Vollkorn- und Getreideprodukte - z.B. Weizen, Hirse, Gerste, Reis, Roggen, Hafer, Mais, Vollkornbrot und -nudeln
  • Hülsenfrüchte und Produkte aus Hülsenfrüchten - z.B. Erbsen, Bohnen, Linsen, Tofu
  • Frisches Gemüse, inklusive grünes Blattgemüse und Salate
  • Frisches und getrocknetes Obst
  • Nüsse
  • Samen - z.B. Sesam, Sonnenblumen- und Kürbiskerne
Gemüse sollte so schonend wie möglich zubereitet und der Sud (der Mineralstoffe und Vitamine enthält) für Suppen und Soßen verwendet werden. Salate und Rohkost sind besonders reichhaltige Vitamin- und Mineralstoffquellen. Samen sind leichter verdaulich und daher von höherem Nährwert, wenn sie zerstoßen oder gemahlen und als Brotaufstrich, wie z.B. Tahin, gegessen werden. Dörrobst ist ein guter Lieferant einiger Mineralstoffe.
Da rein pflanzliche Kost reich an natürlichem Zucker ist, sollte raffinierter Zucker nur äußerst sparsam verwendet werden. Schwarze Melasse stellt eine hervorragende Kalzium- und Eisenquelle dar.

Die Versorgung mit Vitamin B12 kann durch die Verwendung angereicherter Nahrungsmittel, wie Hefeextrakt und Nährhefe, sichergestellt werden, sowie durch einige Sojamilch Sorten, schmackhafte Lebensmittel aus Sojaprotein, manche Margarine, gewisse Müslis und Fruchtsäfte.
Vitamin D wird ohne weiteres durch die Einwirkung des Tageslichts auf die Haut gewonnen, besonders im Sommer und im Herbst.

Nach dem Abstillen sollten Eltern veganer Säuglinge diese mit energiereichen Nahrungsmitteln füttern, also sowohl mit entsprechend zubereitetem Getreide, Hülsenfrüchten und Dörrobst, als auch mit frischem Obst und Gemüse. Allerdings können kalorienarme, ballaststoffreiche Nahrungsmittel, wie Blattgemüse und Frischobst, einen kleinen Magen zu schnell füllen und sollten zunächst eher sparsam gegeben werden. Salzarme Hefeextrakte und angereicherte Sojamilch enthalten Vitamin B12 ebenso wie andere wichtige Nährstoffe.

II. Vegane Ernährung

Protein und Energie


Wie Studien an vegan lebenden Menschen weltweit bewiesen haben, gewährleistet der ausreichende Protein- und Energiegehalt abwechslungsreicher veganer Vollwertkost allen Altersgruppen beste Gesundheit. Die nationalen und internationalen Richtwerte für die Eiweißaufnahme werden bei veganer Ernährung ohne weiteres eingehalten. Die wichtigsten eiweißreichen Nahrungsmittel - Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide, und Samen - sind sehr energiereich, und Ihre Verwendung stellt sicher, daß die erforderlichen Mengen an Stickstoff und essentiellen Aminosäuren zur Verfügung stehen. Auch Kartoffeln und andere Gemüsesorten liefern angemessene Proteinmengen.

VeganerInnen nehmen die empfohlenen Mengen an Eiweiß und Energie leicht auf, wohingegen AllesesserInnen häufig zuviel Protein zu sich nehmen, was sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Bei ganzheitlicher Betrachtung der Gesundheit wird deutlich, daß tierliches Protein oft in Verbindung mit gesättigten Fettsäuren auftritt, während Pflanzenprotein normalerweise zusammen mit Ballaststoffen vorkommt.

Es ist nicht nötig, sich über die Kombination verschiedener Eiweißarten in jeder Mahlzeit den Kopf zu zerbrechen. Ein abwechslungsreicher veganer Speiseplan, der täglich aus zwei oder mehr Pflanzengruppen zusammengestellt wird, liefert ausreichend Protein.

Ein wohldurchdachter veganer Speiseplan hält vegane Säuglinge und Kinder bei guter Gesundheit und gewährleistet eine normale Entwicklung. Nach der Entwöhnung müssen Säuglinge eine ausreichende Energiezufuhr erhalten. Vegane Eltern können dies durch die Verwendung richtig zubereiteter Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, und Samen sowie durch geringere Mengen magenfüllender, energieärmerer Obst- und Gemüsesorten sicherstellen. Protein- oder Energiemangelerscheinungen treten bei veganen Säuglingen ausgesprochen selten auf.


Kohlenhydrate


Weltweit empfehlen ErnährungsexpertInnen einen vermehrten Konsum komplexer Kohlenhydrate aus Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Obst und Gemüse. Die VeganerInnen als Ernährungsgruppe erreichen mit größter Wahrscheinlichkeit die empfohlene Zufuhr an Kohlenhydraten. Es ist wissenschaftlich anerkannt, daß die Kohlenhydratzufuhr in der Gesamtbevölkerung zu niedrig ausfällt.

Tierliche Lebensmittel, wie Fleisch, Milch und Eier, liefern keine Ballaststoffe, und im Gegensatz zu durchschnittlichen AllesesserInnen erreichen oder übertreffen VeganerInnen und VegetarierInnen die empfohlene Ballaststoffzufuhr. Außerdem leiden sie weniger oft an bestimmten chronischen Beschwerden, die mit ballaststoffarmer Ernährung zusammenhängen.

Einige Untersuchungen ergaben, daß VeganerInnen mehr natürlichen Zucker aus Früchten und Gemüse, vermutlich aber weniger zusätzlichen raffinierten Zucker, konsumieren als AllesesserInnen. Raffinierter Zucker ist die Hauptursache für Zahnkaries.


Fette


Zahlreiche ExpertInnengremien haben eine allgemeine Reduktion des Fettverzehrs empfohlen. Nur vegane Ernährungsformen erfüllen die aktuellen Richtlinien, nach denen Fett nicht mehr als 35% zur gesamten Energieaufnahme bei Erwachsenen und Kindern beitragen sollte.

Gesättigte Fette sind mit an einer Erhöhung des Cholesterinspiegels im Blut verantwortlich, einem Risikofaktor für Arteriosklerose und Herzkrankheiten. Mehrfach ungesättigte Fettsauren (PUFAs) dagegen bewirken das Gegenteil. Da die vegane Kost weder Fleisch noch Milchfette enthält, ist sie arm an gesättigten Fettsäuren und reich an förderlichen PUFAs. Im Vergleich zu anderen Ernährungruppen konsumieren VeganerInnen erheblich größere Mengen der essentiellen PUFA Linolsäure und annähernd identische Mengen der anderen essentiellen PUFA, alpha-Linolensäure.

Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), zwei nicht-essentielle PUFAs, kommen in der veganen Ernährung nicht vor. Der menschliche Körper kann alpha-Linolensäure In EPA und DHA umwandeln; dennoch enthalten einige Körpergewebe vegan lebender Menschen weniger EPA und DHA als die der anderen Ernährungsgruppen. Sollte dieser Unterschied Auswirkungen haben, so sind diese nicht bekannt.

Auch die Muttermilch enthält bei VeganerInnen, VegetarierInnen und AllesesserInnen unterschiedliche Anteile verschiedener mehrfach ungesättigter Fettsäuren, was sich bei Kleinkindern in einigen Körpergeweben widerspiegelt. Bisher ist nicht bekannt, ob, und wenn ja, inwieweit diese Abweichungen Wachstum und Entwicklung der Kleinkinder beeinflussen.

Vegane und omnivore Kost enthalten ähnliche Anteile einfach ungesättigter Fettsäuren. Vegane Kost ist ausgesprochen cholesterinarm. Dennoch schätzen einige Studien den Gehalt zu hoch ein, weil die zur Auswertung der Emährungstagebücher verwendeten Computerprogramme davon ausgehen, daß Kuchen, Gebäck und vergleichbare Produkte unter der Verwendung von Eiern und Milchprodukten hergestellt werden.

Das Blut von VeganerInnen zeigt niedrigere Cholesterin- und LDL-Cholesterinwerte als das aller anderen Ernährungsgruppen. Infolgedessen sind sie weniger anfällig für koronare Herzkrankheiten. Bestimmte Krebsarten treten im Verbund mit fettreicher Ernährung auf, in einigen Fällen speziell mit tierlichen Fetten.


Vitamine


Eine abwechslungsreiche und ausgewogene vegane Ernährung enthält alle für die Gesundheit notwendigen Vitamine. Für Vitamin B12 sind die zuverlässigsten Quellen angereicherte Nahrungsmittel oder Ergänzungsmittel. Da ein B12-Mangel besonders bei Säuglingen schwerwiegende Folgen hat, sollten alle VeganerInnen für sich und ihre Kinder eine ausreichende Zufuhr sicherstellen. Es wurden zwar einige Fälle von B12-Mangel bei VeganerInnen beschrieben, aber diese sind Ausnahmen.

Durch Einwirkung des Sonnenlichts auf die Haut erhalten Erwachsene und Kinder generell ausreichend Vitamin D. Darüber hinaus verwenden viele VeganerInnen mit diesem Vitamin angereicherte Margarine und Sojamilch. In den zwei literaturbekannten Fällen von Rachitis bei veganen Säuglingen spielten auch andere Faktoren, wie ein schlechter Ernährungsstatus der Mutter, dunkle Haut oder unzureichende "Belichtung" der Haut eine Rolle. Es gibt keine gemeldeten Fälle von Vitamin-D-Mangel bei hellhäutigen VeganerInnen, bei VegetarierInnen asiatischer Herkunft kann dieses Problem allerdings auftreten.

Die vegane Kost enthält zwar mitunter weniger Riboflavin als die omnivore Kost, die Riboflavinzufuhr der meisten VeganerInnen ist aber höher als die offiziell empfohlene Mindestmenge. Bei wenigen veganen Frauen und Kindern wurde ein unter dieser empfohlenen Menge liegender Wert festgestellt, aber viele pflanzliche Nahrungsmittel sind reich an diesem Vitamin. Eine weitgehend vollwertige Ernährung, wie sie von der Veganen Gesellschaft befürwortet wird, liefert mit größter Wahrscheinlichkeit ausreichende Mengen aller Vitamine.

VeganerInnen erreichen oder überbieten ohne weiteres die empfohlene Zufuhrmenge der Vitamine A (als beta-Carotin), Thiamin, Vitamin B6, Folsäure, Biotin, und der Vitamine C, E und K.


Mineralstoffe


Die vegane Ernährung liefert all jene Mineralstoffe, von denen bekannt ist, daß der menschliche Körper sie benötigt. Vegane Kinder konsumieren mitunter weniger Kalzium als die empfohlenen Richtwerte (viele omnivore Kinder ebenso), und allen Eltern wird dringend geraten sicherzustellen, daß die Ernährung ihrer Kinder kalziumreiche Nahrungsmittel enthält. Es gibt keine Berichte über Kalziummangel bei vegan lebenden Menschen. Das Fehlen von Fleisch und die etwas geringeren Anteile von Protein in ihrer Ernährung tragen möglicherweise zur Verhütung eines Mangels bei.

VeganerInnen nehmen viel Eisen mit der Nahrung auf. Dies wirkt, zusammen mit dem hohen Vitamin-C-Gehalt, anscheinend dem die Eisenaufnahme hemmenden Effekt von Ballaststoffen und Phytat entgegen. Die Forschungsergebnisse zeigen, daß VeganerInnen ausreichend Eisen im Körper haben und selten an Eisenmangel leiden.

Der geringere Natriumchloridgehalt veganer Kost trägt unter Umständen zum Schutz vor Bluthochdruck und damit verknüpften Krankheiten bei. Eine Studie läßt den Schluß zu, daß der Selenspiegel im Blutkreislauf vegan lebender Menschen selbst bei unterdurchschnittlichem Konsum normal ist. Dar Zinkgehalt in veganer Kost ist ausreichend, und bisher wurde kein Mangel bei VeganerInnen bekannt. Der Jodgehalt kann bei veganer Ernährung zwar unter dem Durchschnitt liegen, aber auch hier gibt es bisher keine Berichte über Mangelerscheinungen. Weitere Forschungen zu Spurenelementen, besonders zu Ihrem Vorkommen in der veganen Kost, wären wünschenswert.

III. Spezielle Themen

1) Vegane Mütter und Kinder


Wohldurchdachte vegane Ernährungsformen, die eine breite Vielfalt pflanzlicher Nahrungsmittel bieten, decken jeglichen Nährstoffbedarf schwangerer und stillender Frauen und ihrer Kinder, vom Säuglingsalter bis in die Jugend. Bei einigen veganen Kindern ist die Kalzium- und Vitamin-B12-Zufuhr etwas niedriger, aber die Verwendung sehr abwechslungsreicher Kost in Verbindung mit angereicherten Nahrungsmitteln wird eine gute Ernährung gewährleisten. Von allen anderen Nährstoffen nehmen vegane Kinder ebensoviel wie, oder sogar mehr als omnivore Kinder auf.

Mehrere Studien haben belegt, daß vegane Kinder gut gedeihen. Tausende gesunder Kinder wurden bereits mit veganer Kost großgezogen und dürfen erwarten ein überdurchschnittlich gesundes Erwachsenenleben vor sich zu haben.


2) Kuhmilch und Gesundheit


Kuhmilch ist ein häufiger, aber oftmals nicht erkannter Verursacher von Allergien bei Säuglingen und Kindern. Die Symptome reichen von Durchfall und Erbrechen bis hin zu Ekzemen, Asthma und chronischen Schlafstörungen. Werden Säuglinge unter einem Jahr hauptsächlich oder ausschließlich mit Kuhmilch ernährt, stellt sich unter Umständen ein Eisenmangel ein. Der Grund dafür Ist nicht nur der geringe Eisengehalt von Kuhmilch, sondern auch, daß sie Eisenverluste durch gastrointestinale Blutungen verursachen kann. Lactoseintoleranz ist bei Kindern eine wichtige Ursache für häufig wiederkehrende Unterleibsschmerzen.

Kuhmilch und Kuhmilchprodukte liefern bei britischen AllesesserInnen annähernd ein Drittel der Gesamtzufuhr gesättigter Fette, und eine hohe Zufuhr dieser Nährstoffe ist ein Risikofaktor für Herzkrankheiten. Einige Studien haben einen direkten Zusammenhang zwischen Kuhmilchkonsum und Herzkrankheiten oder insulinabhängiger Diabetes belegt. Auch andere gesundheitliche Probleme werden durch den Konsum von Kuhmilch begünstigt.


3) Die allgemeine Gesundheit von VeganerInnen


Das Risiko für Herzkrankheiten liegt bei VeganerInnen wahrscheinlich niedriger als bei FleischesserInnen oder sogar VegetarierInnen. Der geringe Fettgehalt und das üppige Angebot an Ballaststoffen in der veganen Kost bietet wahrscheinlich einigen Schutz gegen Gallensteine. Übergewicht ist ein Risikofaktor für einige chronische Leiden. Studien deuten daraufhin, daß der durchschnittliche Body Mass Index (BMI) bei VeganerInnen unter den 25,6 Punkten der britischen Allgemeinbevölkerung liegt. 41% der Frauen und 53% der Männer sind in der Allgemeinbevölkerung fettleibig oder übergewichtig.

Bei VeganerInnen wurden die geringsten Konzentrationen des Bakteriums Helicobacter im Magen gefunden. Helicobacter ist als Erreger von Gastritis, Magengeschwüren und möglicherweise auch Magenkrebs bekannt. Bei VeganerInnen ist das Risiko für insulinunabhängige Diabetes (Ausbruch im Erwachsenenalter) geringer, und sie leiden außerdem seltener an Fettleibigkeit, koronaren Herzerkrankungen, Bluthochdruck und einigen Arten von Krebs. Populationsstudien haben Belege dafür geliefert, daß Brust-, Gebärmutter-, Bauchspeicheldrüsen-, Prostata- und Dickdarmkrebs auf hohe Fettzufuhr zurückzuführen sind, und daß Brust-, Gebärmutter- und Dickdarmkrebs speziell mit dem Verzehr von Fleisch und tierlichen Fetten und Proteinen zusammenhängen.

Eine Studie zeigte, daß Veganismus in der Schwangerschaft das Risiko für Präeklampsie (Verengung der Blutgefäße, geringerer Blutfluß zur Plazenta und vorzeitige Entbindung) verringert. Eine Untersuchung des Intelligenzquotienten von Kindern im Vorschulalter ergab den höchsten Wert von 119 für die VeganerInnen. Die AutorInnen schlossen daraus, daß die vegane Ernährung einen Entwicklungsvorsprung begünstige.


4) Vegane Ernährung als Therapie


Eine ganze Reihe von Studien haben gezeigt, daß vegane Ernährungsformen auf verschiedene Erkrankungen einen positiven Einfluß ausüben können. Hierzu gehören unter anderem rheumatoide Arthritis und Arteriosklerose. Noch ist nicht ganz klar, welche Bestandteile einer veganen Ernährung im einzelnen wirksam sind, aber die grundsätzlich erfreulichen Ergebnisse der beschriebenen Pilotuntersuchungen werden hoffentlich zu weiterer Forschung anregen.

IV. Nachwort

Der Veganismus ist zwar inzwischen durchaus anerkannt, wird mit wachsender Verbreitung praktiziert und bietet zahlreiche ethische, ökonomische, ökologische und gesundheitliche Vorteile. Seine wissenschaftliche Erforschung steht jedoch noch ziemlich am Anfang. Mit gelegentlichen Ausnahmen hinsichtlich Vitamin B12 gibt es keine Belege dafür, daß sich bei VeganerInnen leichter irgend ein Nährstoffdefizit einstellt als bei AllesesserInnen. Den ÄrztInnen bleibt es seit über 30 Jahren ein Rätsel, daß sich so viele LangzeitveganerInnen ohne offensichtliche B12-Quellen bester Gesundheit erfreuen. Produzieren Bakterien im Dünndarm möglicherweise resorbierbares, aktives Vitamin B12? Die Frage nach der in verschiedenen Nahrungsmitteln enthaltenen Menge echten Vitamins B12 ist nicht weniger schwierig zu beantworten, sondern immer komplizierter geworden und verlangt dringend nach einer Antwort. Ist das Risiko an Osteoporose zu erkranken, bei älteren VeganerInnen geringer als bei AllesesserInnen?

Es wird inzwischen als wahrscheinlich angenommen, daß vegane Ernährungsformen einen Beitrag zum Schutz vor einer Reihe von Krankheiten leisten. Hierzu gehören einige Krebsarten und höchstwahrscheinlich Herzkrankheiten. Können auch andere Krankheiten durch die vegane Lebensweise vermieden werden? Erkranken lebenslange VeganerInnen seltener an insulinabhängiger Diabetes, Gastritis und Zwölffingerdarmgeschwüren?

Durch die Entdeckung, daß das Geburtsgewicht eines Säuglings ein Indikator für das Risiko Jahrzehnte später ausbrechender Krankheiten ist, wird deutlich, daß Studien mit veganen Kindern dringend vonnöten sind. Wo liegt das durchschnittliche Geburtsgewicht veganer Säuglinge? Vegane Muttermilch weist einen geringeren Gehalt der Fettsäure Docosahexaensäure auf als gewöhnlich. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf die Entwicklung von Gehirn und Sehkraft veganer Säuglinge?

Hier erschließt sich uns ein weites Feld für weitere Forschungsarbeit. Letzere wäre nicht nur der Veganen Gesellschaft willkommen, sondern könnte auch für die Gesellschaft als Ganzes von Nutzen sein. In jedem Fall wäre es sehr hilfreich, VeganerInnen und VegetarierInnen als gesonderte Gruppen zu betrachten und zu untersuchen, anstatt sie einfach in einen Topf zu werfen. Vegane Ernährungsformen unterscheiden sich wesentlich von anderen vegetarischen Ernährungsformen und haben daher wahrscheinlich auch spezifische Auswirkungen.

Viele der in diesem Buch behandelten Forschungsberichte haben sich vor allem auf die Risiken einer Unterversorgung oder gelegentlich auftretende Probleme konzentriert. Es ist klar, daß WissenschaftlerInnen in erster Linie die Abweichungen von der Norm beleuchten, und daß ErnährungsexpertInnen in solchen Fällen die Warnglocken läuten. Wir sollten jedoch nicht vergessen, daß die Norm selbst nicht unbedingt gesund ist, und ein in der Fachpresse beschriebener Fall von Unterversorgung eine seltene Ausnahme darstellt.

Trotz der unvollständigen wissenschaftlichen Kenntnisse wird in Anbetracht der weltweit vielen tausenden vegan lebenden Menschen deutlich, daß abwechslungsreiche rein pflanzliche Kost nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden aufrechterhält, sondern auch zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen bringen kann.

Gill Langley, Vegane Ernährung
Echo, 1999, ISBN 3-926914-33-5, Preis 11,30 Euro


> weiter
nach oben